Berechnungen zum Mindestlohn: Wie viel verdienen andere Länder mehr?

Der Mindestlohn in Deutschland spaltet die Gemüter. Für die einen ist er zu wenig, für die anderen mehr als ausreichend. Doch wie sieht es in anderen Ländern aus? Italien beispielsweise debattiert und streitet bereits seit geraumer Zeit über die Einführung eines Mindestlohnes. Bisher ist es möglich, in dem Land für drei Euro pro Stunde arbeiten zu gehen. Undenkbar für uns Deutsche. In Luxemburg dagegen sieht es anders aus: Hier liegt der Mindestlohn sogar über dem von Deutschland, nämlich bei 13,80 Euro. Das entspricht 1,80 Euro mehr pro Stunde als deutsche Arbeitnehmer erhalten. Schauen wir uns mal an, wie sich der Mindestlohn in den einzelnen Ländern entwickelt und an welcher Position Deutschland überhaupt steht.

Der Mindestlohn in anderen Ländern

In Deutschland liegt der Mindestlohn mit Stand zum 02.10.2023 bei 12 Euro. Ab 01.01.2024 soll er auf 12,41 Euro angehoben werden. Doch wie sieht es eigentlich in anderen Staaten aus? Schauen wir uns mal einige ausgewählte Länder an.

^{Quelle: de.statista.com, eigene Berechnung}

Deutschland steht mit einem Mindestlohn von 12 Euro bei dieser Auswahl an Ländern an vierter Stelle (siehe auch: Übersicht der Mindestlöhne in Deutschland), nach Australien an erster Stelle mit einem Mindestlohn von 14,10 Euro, gefolgt von Luxemburg mit 13,80 Euro und Neuseeland mit 12,78 Euro. Im Mittelfeld finden wir die USA mit 6,89 Euro, Spanien mit 6,55 Euro und Zypern mit 5,70 Euro. Schlusslichter sind Russland mit 1,30 Euro, Moldawien mit 1,19 Euro, die Ukraine mit 1,18 Euro und Brasilien mit 1,09 Euro.

Diese letzten Mindestlöhne klingen im ersten Moment recht niedrig, allerdings muss man hier die wirtschaftliche Situation des Landes und die Preisentwicklung betrachten. In Russland beispielsweise kostet der Sack Kartoffeln zuzeit 35 Cent, ein Schnäppchen, wenn man diesen Preis mit unserem Preis von rund 4 Euro vergleicht. In Brasilien kostet ein 50 kg-Sack Kartoffeln aktuell rund 29 USD, in Euro umgerechnet also 27,41 Euro. Hier sind wohlgemerkt 50 kg Kartoffeln gemeint. Wenn man nun den Sack mal auf deutsche Verhältnisse reduziert, sprich 1,5 kg dann sind das rund 82 Cent. So bezahlen die Brasilianer trotz niedrigerem Mindestlohn von 1,09 Euro im Vergleich zu Russland mit 1,30 Euro pro Stunde einen deutlich höheren Kartoffelpreis. Demzufolge könnte man nun schlussfolgern, dass der Mindestlohn in Brasilien im Vergleich zu den Lebensmittelpreisen zu gering gestaltet ist. Für einen Sack Kartoffeln müssen Arbeitnehmer in Brasilien etwa 45 Minuten arbeiten, in Russland hingegen nur 16 Minuten und in Deutschland 20 Minuten.

Sicherlich müssen hier weitere Berechnungen folgen, um ein adäquates wirtschaftliches Gesamtbild der einzelnen Staaten zu erhalten und um abschließend die Frage nach der ausreichenden Höhe des Mindestlohns besser einschätzen zu können. Aber widmen uns erst einmal dem Thema des Monastgehalts in Abhängigkeit vom Mindestlohn. Was erhält man eigentlich brutto bei einem Mindestlohn von 12 Euro, wie wir in zurzeit in Deutschland haben? Schauen wir uns mal die Monatsgehälter der einzelnen Staaten genauer an.

Monatsgehalt in Abhängigkeit vom Mindestlohn

Arbeitnehmer erhalten in Deutschland einen Bruttolohn von 1.920 Euro bei einem Mindestlohn von 12 Euro und einer Vollzeitbeschäftigung. Bei einer 50 Prozent reduzierten Teilzeitbeschäftigung erhalten Arbeitnehmer zurzeit 960 Euro brutto, in Australien sind es 2.256 Euro bei Vollzeit und 1.128 Euro bei Teilzeit, in Frankreich 1.803,20 Euro bei Vollzeit und 901,60 Euro bei Teilzeit. Frankreich hat zudem höhere Lebensmittelpreise als Deutschland. Laut einer in Auftrag gegebenen Studie der BBC hat das Marktforschungsinstitut Circana die Preise von 23 typischen Einkaufsartikeln in verschiedenen Ländern wie Deutschland, Italien, Frankreich, Spanien, Großbritannien und den Niederlanden verglichen. Zu den Einkaufsartikeln gehörten Produkte wie Zahnpasta, Toilettenpapier und Butter.

Das Ergebnis: Die höchsten Preise müssen Franzosen mit einem Einkauf von 79 Euro bezahlen, Deutschland dagegen hat die günstigsten Preise. Verbraucher müssen hierzulande für die 23 ausgewählten Produkte 55 Euro bezahlen, Spanier und Italiener 62 Euro, Holländer 58 Euro und Engländer 60 Euro. Wer schon einmal in Frankreich war und dort einen Einkauf getätigt hat, der kann dem Ergebnis der Studie zustimmen. Die Preise für Lebensmittel sind in Frankreich also höher als in Deutschland. Dennoch erhalten die Franzosen einen deutlich niedrigeren Mindestlohn von 11,27 Euro pro Stunde und müssen somit mit 1.803,20 Euro pro Monat brutto auskommen. Das wird wohl kaum ausreichen.

^{Quelle: eigene Berechnung}

Monatsgehalt mit Mindestlohn im Vergleich zu Deutschland

Die nachfolgende Tabelle schließt an die vorhergehende Tabelle an. Sie gibt die Lohndifferenz zwischen den einzelnen Staaten in Abhängigkeit vom jeweiligen Mindestlohn wieder. Somit erhalten Arbeitnehmer in Luxemburg 288 Euro brutto pro Monat mehr als deutsche Arbeitnehmer. 1.260,80 Euro weniger als deutsche Arbeitnehmer erhalten Arbeitnehmer in Griechenland. In Griechenland liegt der Mindestlohn bei 4,12 Euro. Die Lebensmittelpreise sind in Griechenland nicht wesentlich günstiger als in Deutschland. Es gibt sogar etliche Produkte, die wesentlich teurer sind. Der Großteil der Griechen setzt somit auf den eigenen Anbau von Obst und Gemüse, hält sich Ziegen oder Schafe und versucht, irgendwie selbstständig über die Runden zu kommen. Zudem blühen Familienunternehmen, man hilft sich eben, wo man kann. Wenn doch Not am Mann ist, dann sind Albaner als Arbeitskräfte gern gesehen, denn sie arbeiten in Griechenland für ein geringes Entgelt, auch wenn natürlich der Mindestlohn gesetzlich vorgeschrieben ist. Aber dieser steht eben auf Papier. Was vor Ort passiert, ist eine andere Sache.

^{Quelle: eigene Berechnung}

Fazit: Mindestlohnhöhe ist an Wirtschaft und Preisentwicklung gekoppelt

Die Mindestlohnhöhe der einzelnen Länder ist an die Preisentwicklung und die Wirtschaft des jeweiligen Landes gekoppelt. Ein Mindestlohn von rund 2 Euro muss nicht automatisch heißen, dass dieser niedrig ist. Vielmehr muss man die Lebenserhaltungskosten des entsprechenden Landes berücksichtigen.

In vielen Ländern sind die Lebensmittelpreise signifikant gestiegen, der Mindestlohn jedoch nur geringfügig. Somit sind automatisch auch die Lebenserhaltungskosten gestiegen. Der aktuelle Mindestlohn liegt in Deutschland bei 12 Euro brutto pro Stunde, in Brasilien bei 1,09 Euro und in Australien bei 14,10 Euro. Das hört sich in erster Linie nach einem großen Unterschied an, jedoch muss man an dieser Stelle erwähnen, dass die Lebenserhaltungskosten in Australien deutlich höher sind als in Brasilien und auch in Deutschland.

Eine Pizza kostet in Australien rund 18 Australische Dollar, in Brasilien rund 14 Brasilianische Real. Das sind umgerechnet rund 11 Euro für eine Pizza in Australien. In Deutschland zahlt man rund 7 Euro und in Brasilien rund 2,66 Euro. Bei einem Mindestlohn von 1,09 Euro müssen Brasilianer also mehr als zwei Stunden für eine Pizza arbeiten gehen, Deutsche dagegen 35 Minuten und Australier rund 46 Minuten.

Die Mindestlohnhöhe muss also stets in Abhängigkeit zur Preisgestaltung und den Lebenserhaltungskosten des einzelnen Landes gesehen werden. In Brasilien könnte man nun anhand dieser Zahlen schlussfolgern, dass der Mindestlohn viel zu gering gestaltet ist, in Deutschland liegt er noch im Rahmen, in Australien könnte er aufgrund der hohen Preise ebenso wie in Brasilien angehoben werden.