Laut Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) soll jeder „selbst bestim­men kön­nen, wann er in Rente“ gehen möchte. Der Ausstieg soll im Idealfall langsam erfolgen. Ein abruptes Ende soll möglichst vermieden werden. Dazu will die Koalition nun zwei Elemente einführen: Einmal die Teilrente mit 63 Jahren und ein längeres Arbeiten über die Regelaltersgrenze hinaus.

Flexi-Rente: Vor der Regelaltersgrenze in die Rente gehen – Regelungen zum Nebenjob

Derzeit liegt die Regelaltersgrenze bei 65 Jahren und sechs Monaten. Bis zu der Regelaltersgrenze brauchen Versicherte jedoch nicht warten, bis sie in Rente gehen können. Sie können bereits mit 35 Versicherungsjahren ab dem 63. Lebensjahr in Rente gehen, allerdings müssen sie dafür lebenslange Abschläge in Kauf nehmen. Viele Versicherte nehmen trotzdem die vorzeitige Rente mit Abschlägen in Anspruch und verdienen sich mit einem Nebenjob noch ein wenig Geld dazu.

Altes Recht bis 30.06.2017: 450 Euro pro Monat maximaler Hinzuverdienst

Bisher war es so geregelt, dass Versicherte mit einem Nebenjob höchstens 450 Euro pro Monat hinzuverdienen konnten. Möglich waren auch 900 Euro monatlich zwei Mal pro Jahr. Einkommen aus Nebenverdienste, die höher als diese Bemessungsgrenzen lagen, wurden auf die Altersrente angerechnet. Die Altersrente wurde dann nur in Höhe von etwa 66 Prozent, 50 Prozent oder 33 Prozent der mit Abschlägen belegten Rente gewährt.

Neues Recht ab 01. Juli 2017: Monatliche Hinzuverdienstgrenzen werden aufgehoben

Mit der Neuregelung der Flexi-Rente können Beschäftigte nun ab 01. Juli 2017 bis zu 6.300 Euro brutto pro Kalenderjahr hinzuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Dieser Betrag stellt zwar den gleichen Betrag wie vorher dar, allerdings können Arbeitnehmer diesen nun auch in wenigeren Monaten hinzuverdienen. Die monatliche Grenze von 450 Euro wurde demnach aufgehoben.

Versicherte, die mehr als 6.300 Euro pro Jahr brutto verdienen, müssen jedoch damit rechnen, dass der Verdienst über den Maximalbetrag hinaus zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet wird. Sollte die Summe aus der gekürzten Rente und dem Einkommen aus dem Nebenjob höher sein als das bisherige Gehalt, so wird der Verdienst aus dem Nebenjob zu 100 Prozent auf die Rente angerechnet. Für die Berechnung wird dann das höchste Einkommen der letzten 15 Kalenderjahre zugrunde gelegt.

Übersicht Rentenabschläge - Ausgleichsbeträge

Versicherte können ab dem 01. Juli 2017 bereits ab dem 50. Lebensjahr von ihrer Rentenversicherung eine Auskunft über den Ausgleichsbetrag der Rentenabschläge beantragen.

Notwendige Beiträge zum Ausgleich von Rentenabschlägen ab 01. Juli 2017*

Erwartete Rente brutto und um ... Jahre früherer Renteneintritt Monatlicher Rentenabschlag Kostenbetrag, den Abschlag zu vermeiden
800 € 1 Jahr (3,6 %) 28,80 € 6.680 €
800 € 2 Jahre (7,2 %) 57,60 € 13.879 €
800 € 3 Jahre (10,8 %) 86,40 € 21.658 €
1.000 € 1 Jahr 36,00 € 8.350 €
1.000 € 2 Jahre 72,00 € 17.348 €
1.000 € 3 Jahre 108,00 € 27.072 €
1.200 € 1 Jahr 43,20 € 10.020 €
1.200 € 2 Jahre 86,40 € 20.818 €
1.200 € 3 Jahre 129,60 € 32.487 €

*In den alten Bundesländern; Quelle: Deutsche Rentenversicherung

Wie wirkt sich die neue Rentenreform auf das Einkommen aus?

Die Koalition plant eine finanzielle Attraktivität für den Zeitraum über die aktuelle Regelaltersgrenze hinaus, wenn der Rentner weiterhin arbeiten gehen möchte. Bisher war es so geregelt, dass der Arbeitgeber seinen Anteil des Rentenbeitrags einzahlte, sich aber die Rente nicht erhöhte. Künftig kann der Rentner seinen Anteil ebenso einzahlen. Zahlen dann beide Parteien – also Rentner und Arbeitgeber – ihre Anteile ein, so soll sich die Rente erhöhen. Das Einzahlen des Anteils ist für den Rentner jedoch freiwillig.

Wird das Angebot der Flexi-Rente mehr angenommen werden?

Bisher geht jeder siebte Rentner zwischen 65 und 69 Jahren einer Teilzeitbeschäftigung nach. Auch Vollzeittätigkeiten werden derzeit ausgeübt. Fast jeder vierte Arbeitnehmer geht hingegen vorzeitig in den Ruhestand. Die Koalition rechnet mit einem Anstieg der Rentner, die eine Form der Flexi-Rente wählen. Um Arbeitnehmer demnach länger gesundheitlich fit zu halten, sollen mehr Angebote zur Reha und zur Vorbeugung auf den Weg gebracht werden.

Wann soll die neue Flexi-Rente eingeführt werden?

Bis Ende Juni 2016 soll ein Gesetzentwurf vorliegen. Ab dem Jahr 2017 soll dann die neue Flexi-Rente gelten.

Die Hintergründe der Flexirente

Die Union will die Flexirente in die neue Rentenreform mit aufnehmen. Soll heißen, der Übergang in den Ruhestand soll flexibel gestaltet werden. Künftige Rentner sollen selbst bestimmen, wie lange sie in welchem Umfang arbeiten gehen wollen. Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), Saarlands Ministerpräsidentin, will sogar so weit gehen, dass sie das Renteneintrittsalter ganz abschaffen will. Ihrer Ansicht nach, stellt sich zu diesem Sachverhalt die Frage, ob es weiterhin sinnvoll ist, Altersgrenzen beizubehalten, wo doch unterschiedliche Berufsgruppen diverse Eintrittsalter gerechtfertigen würden. „Je nach Beruf und individueller Konstitution ist es ganz unterschiedlich, wie lange jemand arbeiten will und kann.“, wie sie betonte. Zudem teilte sie mit: „Wir sollten aber auch über die Möglichkeit nachdenken, dass diejenigen, die schon das Rentenalter erreicht haben und noch gerne weiter arbeiten wollen, dies auch tun können“.

Die SPD dagegen hält an ihrem Modell bislang fest. Sie hatte sich zwar im Koalitionsvertrag mit der Union darauf verständigt, generell flexible Übergänge bei der Rente zu schaffen, jedoch enthält bisher das neue Rentenpaket keine derartigen Maßnahmen. Kanzleramtsminister Peter Altmaier ist nun dazu aufgefordert, in wenigen Tagen einige Vorschläge dazu auf den Tisch zu legen, wenn die neue Rentenreform zum 01. Juli 2014 tatsächlich greifen soll.

Die Flexirente der Union

Die Union hatte sich im Rahmen des vereinbarten Koalitionsvertrages, eine Maßnahme für eine flexiblere Übergangsmöglichkeit für künftige Rentner ausgedacht. Ergebnis der kreativen Schöpfung der Union ist die Flexirente.

Die Flexirente soll bei Eintritt in den regulären Ruhestand greifen. Dies bedeutet im Detail, dass Rentner nach dem Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze weiterhin in einem Beschäftigtenstatus verbleiben können. Die Beschäftigung soll jedoch befristet werden. Beiträge in die Renten- und Arbeitslosenversicherung sollen für die Flexirentner entfallen.

Sollte die SPD nicht auf diesen Vorschlag der Union eingehen, so droht der Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung der Union (MIT), Carsten Linnemann, mit der Verweigerung des Rentenpakets von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).

Jedoch sollen angesichts der Prognosen in Koalitionskreisen die Chancen für eine Aufnahme der Flexirente in die Rentenreform als eher gering eingeschätzt werden. Denkbar wäre ein Einsatz einer weiteren Arbeitsgruppe.

Neue Rentenreform soll am 23. Mai 2014 verabschiedet werden

Die neue Rentenreform soll planmäßig am 23. Mai 2014 vom Bundestag verabschiedet werden. Bisher gibt es noch keine Einigung in Sachen Flexibilität bei Renteneintritt und Renteneintrittsalter. Die Zeit drängt jedoch, wenn die Reform planmäßig verabschiedet werden soll. Um diesem Nachdruck zu verleihen, fordert die Union nun auch konsequent Ergänzungen zu der Thematik Renteneintritt mit 63 Jahren. Dabei sollen laut Gesetzentwurf Arbeitnehmer mit 63 Jahren ohne Abschläge in den Ruhestand gehen dürfen, sofern sie 45 Beitragsjahre eingezahlt haben. Zu den Beitragszeiten sollen laut Nahles Rentenpaket ebenso Zeiten zählen, bei denen die Versicherten Arbeitslosengeld I bezogen haben. Aufgrund der gesetzlichen Regelung, bei der ältere Beschäftigte insgesamt 2 Jahre lang die Sozialleistung beziehen können, steht ihnen ein noch früherer Eintritt in die Rente offen. Durch den Bezug von Arbeitslosengeld I können sie statt mit 63 Jahren bereits mit 61 Jahren in die Rente gehen. Um dies zu vermeiden, will Nahles bei Verdacht auf Missbrauch, den Arbeitgebern Bußgelder aufdrücken. Die Union spricht sich dagegen für eine Regelung nach Stichtagen aus. Die Union sieht jedoch generell kein Zusammenkommen mit der SPD, sofern diese ihre Berücksichtungszeiten von Arbeitslosengeld I, nach dem 01. Juli 2014, nicht streicht. Zudem sollen maximal nur 5 Jahre Arbeitslosigkeit angerechnet werden dürfen.

Bisher sind 70 Abgeordnete gegen die Rentenreform

Bisher soll sich die Anzahl der Abgeordneten, die gegen den geplanten Gesetzentwurf sind, auf 70 belaufen. Union und SPD stehen daher unter erheblichen Druck, sich zu einigen, da die Gegner teilweise auch aus den eigenen Reihen stammen. Doch sieht man den Stichtag der Verabschiedung der Rentenreform zumindest bei der SPD optimistisch entgegen: „SPD und Union werden in den Rentenverhandlungen eine Lösung finden“, wie die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Kerstin Griese (SPD), mitteilte.

Durchschnittsalter bei Eintritt in den Ruhestand in der europäischen Staaten-Übersicht

Ruhestand Europa

Quelle: welt.de