Öffentliche Aufträge sollen, wenn es nach den Bundesländern geht, wieder an diejenigen Anbieter gehen, die örtliche Tarifstandards und gegebenenfalls auch Mindestlöhne vorweisen können. Diese Vorgehensweise war vor dem Rüffert-Fall im April 2008, als der EuGH (Europäischer Gerichtshof) überraschend die Vorschriften der Tarifstandards des früheren niedersächsischen Vergabegesetzes als einen klaren Verstoß gegen die europäische Freiheit von Dienstleistungen wertete, gängige Praxis.

Mit dem Rüffert-Fall beschlossen zehn Bundesländer, in denen Tariftreue-Gesetze existierten, die betreffenden Regelungen zu Tarifstandards auszusetzen. Laut des Tarifexperten Thorsten Schulten, sind die Bundesländer, wie Bremen, Berlin, Hamburg, Thüringen, Niedersachsen, Saarland, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern, nun bereit, wieder Tariftreue-Regelungen einzuführen.

Demnach würden mit rund zwei Drittel der gesamten Bundesländer mehr Tarifstandards eingeführt werden als vor dem EuGH-Urteil, so die Prognose von Schulten. Um eine europarechtskonforme Gestaltung der Tariftreue-Regelungen zu ermöglichen, werden von den Bundesländern drei wesentliche Faktoren berücksichtigt:

  1. Einführung von Mindestlöhnen laut des Entsendegesetzes:

    Für Branchen, die unter das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) fallen, gilt es zu beachten, dass öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die akzeptable Mindestlöhne vorweisen können.
  2. Sonderregel im Verkehr:

    Für den Verkehrssektor wird eine umfassende Erklärung zur Tariftreue verlangt, die sich in der Regel auf den jeweiligen Tarifvertrag bezieht.
  3. Vergabespezifischer Mindestlohn:

    Unternehmen können nur dann einen öffentlichen Auftrag erhalten, wenn für die Beschäftigten ein vergabespezifischer Mindestlohn gezahlt wird. Demnach kann ein Unternehmen in Berlin nur dann einen Auftrag erhalten, wenn die dort angestellten Beschäftigten einen Mindestlohn von 7,50 Euro pro Stunde erhalten.