Nur noch selten trifft man auf Urgesteine in einem Unternehmen - Urgesteine, wie Herrn R., der schon seit 42 Jahren im Betrieb arbeitet. Er hat dort gelernt, seinen Meister gemacht und ist dort geblieben. Ja, zu den Zeiten, als er jung war, da gab es viel Arbeit - viel körperliche Arbeit. Computer, Smartphones und Tablets - das kannte man da noch nicht. Man schrieb sich Telegramme oder nutzte das Telefon; und für die Liebste - ja, für die Liebste schrieb man sogar fein säuberlich in bester Schönschrift Briefe. So war das damals. Man aß im Betrieb zusammen sein Pausenbrot oder was die Ehefrau doch so Schönes gekocht hatte. Man erzählte sich Geschichten aus längst vergangener Zeiten. Man hörte einander zu, man stritt, man raufte sich zusammen, denn irgenwie war man hier doch verwurzelt. Jeder kannte jeden. Das einer ging - das kannte und akzeptierte man hier nicht.
Die Zeit im Wandel
Heute dreht sich die Welt anders. Smartphone, Tablets, Computer und Miniroboter geben den Ton an. Die Welt dreht sich schnell, ein Termin hier, ein Termin da. Während man sich von einer U-Bahn zur nächsten schlängelt, sieht man besonders zur Mittagszeit Menschen, die hastig ihr Veggie-Superfood verdrücken - in Bioqualität versteht sich. Wenn es schon mal schnell gehen muss, dann wenigstens gesund und vom biologischen Anbau. Der Markt boomt. Die Welt hat keine Zeit mehr, sich eine kleine "Merenda" zwischen den Arbeitsphasen zu können. Man muss produktiv sein. Schnell, effizient und produktiv. Je schneller man ist, desto besser. Man schafft ja dadurch auch mehr. Ist man doch so eine Bereicherung für das Unternehmen. Und die Pausen? Was für Pausen? Man kann doch nebenbei etwas essen. Die Möhre liegt neben der Tastatur, griffbereit, wenn es mal ein Down im Denken gibt. Und gesund ist sie doch allemal. Also auch perfekt für die Mittagspause geeignet.
Das Arbeitsleben ändert sich
Frau M., die ihre Möhre begeistert neben zig Anträgen knirpst, kennt keine Merenda. Soetwas gibt es hier nicht. Die Anträge müssen bearbeitet werden. Man könne sich ja einen Kaffee holen und ein Pausenbrot essen, das steht einem zu. Auch die geplanten 30 Minuten Mittagspause stehen einem zu. Aber wer will schon Brot? Viel zu kohlenhydratlastig und somit ungesund für die Figur. Und die Anträge? Die müssen doch bearbeitet werden. Wer soll es denn sonst erledigen? Frau M. arbeitet bereits 10 Jahre hier. Sie hatte schon mehrere Kolleginnen, die aber irgendwie alle aus den verschiedensten Gründen wieder gegangen sind. Die eine, an die kann sich Frau M. gut erinnern, war recht dick. Und die aß auch noch zu Mittag. Sie nahm sich doch tatsächlich 30 Minuten zu Mittag Zeit und aß ihr Pausenbrot. Mehr Brot als Gemüse. Das hat Frau M. genau beobachtet. Kein Wunder, dass diese Person recht dick war. Und überhaupt konnte sie hier sowieso keiner so richtig leiden, denn sie war nicht nur dick, sondern sie erledigte ihre Arbeit auch noch trotz Pausen im Zeitlimit. Sie war beliebt beim Chef. Wer weiß warum. Frau M. mit ihrem langen, hageren Gesicht und der dünnen Nase kann es bis heute nicht verstehen. Aber egal, die Anträge müssen bearbeitet werden.
Der Jobwechsel beginnt früh
Es gibt Personen auf der Welt, die wechseln häufig den Job. Die Gründe sind vielfältig. Häufig beginnt das wechselhafte Jobleben nach der Ausbildung oder dem Studium, nämlich dann, wenn man im begehrten Job keinen Platz bekommt. Dann beginnt das Suchen nach Alternativen. Man bewirbt sich, wird angenommen. Toll!! Der erste Job, das erste eigene richtige Geld wird verdient. Man wird im Unternehmen angelernt. Mehr oder weniger intensiv widmet man sich der Arbeit. Man merkt schnell, dass der Job eigentlich nicht so recht das Wahre ist, das, was man eigentlich sucht. Also begibt man sich auf die Suche nach einem anderen Job.
Auf der Suche nach den passenden Job
So ging es auch Frau M. Sie studierte Geografie und Meteorologie, klang ja eigentlich auch ganz interessant. Ursprünglich wollte sie aber Medizin studieren. Dafür hatten die Noten jedoch nicht gereicht. Und für einen angesehenen "Wetterfrosch-Job" im TV hatte sie zu schlecht im Studium abgeschnitten. Für einen Job in der Uni hätte sie noch promovieren müssen, aber sie war keine Einserstudentin. Und überhaupt sind die Jobs in diesem Bereich auch keine Massenware. Nur die Besten kommen zum Zuge. Also begab sie sich auf die Suche nach etwas Brauchbaren. Sie blieb in einer Baumschule hängen. Nun ja, ihr Wetterwissen kann sie da auch bestens anwenden. Zwei Jahre blieb sie da. Lernte viel über Pflanzenphysiologie, Pflege, Kundenkontakt und Verkauf. Sie wusste genau, wie viel Abstand eine Thujapflanze zum optimalen buschigen Wuchs braucht und wie man Apfelbäume richtig schneidet. Ja, Frau M. war gut. Doch der Job machte sie nicht glücklich. Sie suchte nach einer Herausforderung. Einer Herausforderung, wo sie denken müsse - und zwar abstrakt und doch zugleich logisch. Schwieriger Fall also.
Vom Reisebüro....
Sie bewarb sich schließlich in einem Reisebüro. Kundenkontakt und Verkauf kannte sie. Geografisches und meteorologisches Fachwissen besaß sie auch. Sie war also perfekt für die Stelle, auch wenn sie keine touristische Ausbildung genossen hatte. Im Reisebüro blieb sie drei Jahre. Sie lernte alles über Reiseveranstalter, Destinationen, beliebte Hotelanlagen, die schönsten Reiseziele, Flughafenkürzel, Code Sharing, Airlines, Buchungssysteme und Einreisebestimmungen. Auch die Regelungen über Mietwagen und Auslandsreisekrankenversicherungen konnte sie herunterbeten. Doch nach drei Jahren war Schluss. Die Herausforderung fehlte. Sie kannte viel. Es gab kaum noch etwas Neues zu entdecken. Und die Kunden - ja, die Kunden fliegen eigentlich immer entweder in die Türkei nach Side oder Antalya, nach Ägypten nach Hurghada, Marsa Alam oder Sharm el Sheikh, an den Gardasee, an die Adria oder - wenn doch mal etwas mehr Exotik dabei war - nach Sizilien, Taormina. Ganz zu Schweigen von den massenhaften Mallorcaschwärmern, den stets wiederkehrenden Thailandreisenden und den Bulgarienanbetern. Frau M. konnte eigentlich nie ihr ganzes Reisewissen an den Kunden bringen. Es waren zu wenig Kunden dabei, die tatsächlich auch eine Beratung benötigten. Die meisten buchten standardisierte All-Inclusive-Reisen mit Animation, damit bloß keine Langeweile im Urlaub aufkommt. Individualreisende, die ihren Urlaub selbst planen, Ausflüge hinzubuchen und tatsächlich in Gegenden fahren, die weitab vom Massentourismus waren, hatte sie kaum. Also stand der nächste Jobwechsel an.
...über die Arztpraxis...
Sie wechselte in eine Arztpraxis als Arzthelferin oder, wie es heute vornehmer ausgedrückt wird, als medizinische Assistentin, Angestellte oder ähnlich. Eigentlich ihrem ursprünglichen Wunsch schon ganz Nahe. Medizin. Dort blieb sie auch drei Jahre. Sie lernte wieder einmal viel. Neben den Symptomen, Therapien und Prophylaxemaßnahmen assistierte sie mit im OP, managte die Praxis, machte die Abrechnungen mit der KV, legte IGEL-Rechnungen an, bestellte in der Apotheke Medikamente, assistierte dem Arzt bei chirurgischen Eingriffen in der Praxis - kurzum: Sie war das Heinzelmännchen der Praxis. Ohne sie ging nichts. Dennoch passte es nicht. Denn sie merkte, dass es doch nichts für sie war.
....ins Amt und ins feste Arbeitsleben
Sie bewarb sich erneut und bekam die Stelle im Amt, in der sie nun bereits seit 10 Jahren tagtäglich Anträge bearbeitet. Schon während des Studiums schrieb sie viel und gern. Finanzierte es auch dadurch, in dem sie Texte für Auftraggeber schrieb. Sie lernte mit der Zeit mit Contentmanagementprogrammen umzugehen, SEO-Strategien umzusetzen und Webseiten zu kreieren. Ja, das machte ihr Spaß. Und so bewarb sie sich. Zuerst bei nahmhaften Zeitungen, Magazinen und Journalen. Doch keiner wollte sie. Sie hatte ja nicht mal ein journalistisches Studium oder wenigstens Germanistik studiert. Nichts hatte sie. Also brauchte man sie nicht. Egal, ob sie dazu fähig war oder nicht, ob sie wortgewandt Sätze zusammenwürfeln konnte oder sich in vielen Genres und Bereichen auskannte. Nein, sie hatte kein Studium genossen. Arrivederci e grazie. Vielleicht später einmal. Und so landete sie im Amt. Und sie blieb. Nicht, weil sie nichts anderes bekommen hätte. Nein, weil sie erkannt hat, dass ihre eigentliche Passion das Schreiben ist. Hier im Amt kann sie schreiben, Anträge bearbeiten und hat ihre täglichen, kleinen Herausforderungen zu bewältigen. Zudem hat sie auch die große ehrenhafte Aufgabe inne, die Amtswebseite zu pflegen. Hier kann sie sich kreativ austoben. Und so sitzt sie mit ihren Möhren Tag für Tag an ihrem Schreibtisch. Oft klagend über die Flut der Anträge, aber dennoch glücklich, ihre Passion und ihren Platz im Arbeitsleben gefunden zu haben.
Häufige Jobwechsel: Vorteil oder Nachteil?
Analysieren wir nun den Sachverhalt aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebersicht.
Frau M. fand im Laufe ihres Lebens nach mehrmaligen Jobwechseln ihren Job, der ihr Spaß macht. Sie konnte dadurch viel Hintergrundwissen in verschiedenen Bereichen sammeln, was ihr in bestimmten Situationen zugute kommt.
Herr R., der schon seit 42 Jahren im gleichen Unternehmen ist, kennt den Betrieb in- und auswendig. Er kennt alle Abläufe, jegliche Strukturen und alle Mitarbeiter. Nur mit dem PC hadert er noch. Aber Gott sei Dank fällt dieser nicht in sein Aufgabengebiet.
Arbeitgeber sehen häufig in Personen, die mehrmals ihren Job wechseln, eine Person, die nicht beständig ist. Sie könnte das Unternehmen also bald wieder verlassen. Zu schade ist hier die Mühe und Arbeit, die Person einzuarbeiten.
Fragen für Arbeitnehmer
Ist es besser auf mehrere Jobwechsel zu verzichten? Oder ist es doch besser einen Jobwechsel vorzunehmen, um sich als Arbeitnehmer zu verwirklichen oder zumindest einen Job zu finden, in dem man sich vorstellen kann, zu bleiben?
Fragen für Arbeitgeber
Sollte man nicht auch Personen eine Chance geben, die keinen Abschluss in einem speziellen Bereich vorzuweisen haben, aber dafür mit Leidenschaft und tatsächlichen Fähigkeiten überzeugen können? Können nicht Personen, die mehrere Jobwechsel hatten, neues Wissen, neue Kenntnisse aus anderen Unternehmen, neue Strukturen und neue Kreativität mitbringen?
Umfrage an alle zum Reflektieren
Können Personen mit häufigen Jobwechsel eine Steigerung der Unternehmenseffektivität bewirken?
Hypothese: Personen, die, häufiger den Job wechseln, können neue Kenntnisse, Strukturen, Abläufe und Fähigkeiten in das Unternehmen bringen. Wenn sie es wieder verlassen, nehmen sie wieder neue Kenntnisse und Fähigkeiten aus dem Unternehmen mit und können diese in das nächste Unternehmen einbringen. Kann dadurch die Effektivität der Unternehmen gesteigert werden?
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