Gemäß dem Bundesgerichtshof kann es strafbar sein, wenn Beschäftigte im TVöD zu hohe Erfahrungsstufen pflichtwidrig zugewiesen bekommen. Im vorliegenden Fall hatte ein Bürgermeister neue Mitarbeiter eingestellt und diese wissentlich zu hohe Erfahrungsstufen des TVöD zugeteilt. Damit hat er Geld der Gemeinde veruntreut und sich strafbar gemacht.
Entgeltstufe 5 TVöD ohne sachlich begründbaren Grund vergeben
Im Detail handelt es sich um den Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale), der bei seinem Antritt drei aus seinem Umfeld stammenden Mitarbeitern eine sachlich nicht gerechtfertigte Erfahrungsstufe zugestanden hat. Die Beschäftigten sollten Tätigkeiten in der Stadtverwaltung übernehmen. So hat er seine Büroleiterin in die Entgeltgruppe 15 Stufe 5 TVöD VKA, den Referenten für strategische Grundsatzfragen in die Entgeltgruppe 14 Stufe 5 TVöD VKA und eine Referentin für Sicherheit und Ordnung in die Entgeltgruppe 13 Stufe 5 TVöD VKA eingruppiert.
Entgeltstufen zu hoch für Neueinstellung in den TVöD
Die Entgeltstufen sind für eine Neueinstellung in den TVöD wesentlich zu hoch. Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 3 TVöD (VKA) wird ein neuer Beschäftigter in die Entgeltstufe 3 eingestuft, wenn dieser eine mindestens 3-jährige Berufserfahrung vorweisen kann. Üblich ist bei einer Neueinstellung die Einstufung in die Stufe 1 oder 2. Eine höhere Eingruppierung ab der Entgeltstufe 3 kann vorgenommen werden, sofern die Tätigkeit aufgrund der Deckung des Personalbedarfs förderlich ist.
In § 16 TVöD VKA heißt es im Auszug:
§ 16 (VKA) Stufen der Entgelttabelle
(1) Die Entgeltgruppen 2 bis 15 umfassen sechs Stufen. Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (VKA) geregelt.
(2) Bei Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. Verfügt die/der Beschäftigte über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2; verfügt sie/er über eine einschlägige Berufserfahrung von mindestens drei Jahren, erfolgt bei Einstellung nach dem 31. Dezember 2008 in der Regel eine Zuordnung zur Stufe 3. Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.
(3) Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2- nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
- Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
- Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
- Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
- Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und
- Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5.
Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 (VKA) geregelt.
Personalbedarf nicht ausreichend geprüft
Gemäß dem BGH handelt es sich bei der Deckung des Personalbedarfs sowie bei der Beurteilung und Bewertung der bisherigen beruflichen Tätigkeit und dessen Förderlichkeit um Tatbestandsvoraussetzungen. Erst wenn diese Tatbestandsvoraussetzungen einschlägig geprüft worden sind, kann der Arbeitgeber im Ermessen handeln. Da das Landgericht Halle vorab diese Prüfung nicht ausreichend vorgenommen hat, muss das Landgericht Magdeburg die Prüfung der Tatbestandsmerkmale nun vornehmen, wie der BGH entschied (BGH, Urteil vom 24.5.2016, 4 StR 440/15). Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des LG Halle auf und verwies die Entscheidung an das LG Magdeburg zurück.
Hoher Schaden durch falsche Eingruppierung entstanden
Der Oberbürgermeister hatte mit der Zuteilung der höheren Erfahrungsstufen nicht nur gegen des für die Stadt Halle geltenden Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD VKA) verstoßen, sondern auch seine Stellung als Amtsträger missbraucht, da er pflichtwidrig im Sinne des Straftatbestandes der Untreue (§ 266 StGB) gehandelt hatte. Insgesamt ist durch die falsche Eingruppierung der Mitarbeiter in den TVöD ein Schaden von 290.000 Euro entstanden. Der Bundesgerichtshof kam diesbezüglich zu der Entscheidung, dass ein Amtsträger, der eine sachlich nicht gerechtfertigte Vergütung gewährt, pflichtwidrig und strafbar handelt.
Vorab hatte das Landgericht (LG) Halle den Oberbürgermeister freigesprochen (LG Halle, Urteil vom 9.2.2015, 2 KLs 901 Js 14285/13). Daraufhin legte die Staatsanwaltschaft Revision ein.