Kindesunterhalt besteht so lange, wie das Kind sich noch nicht selbst versorgen kann. Generell darf ein unter 16 Jahre altes Kind, was nach § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig ist, lediglich Aushilfsarbeiten leisten und außerschulisch eingeschränkt tätig werden. Schulpflichtige Kinder können demnach ihren Lebensunterhalt nicht selbst verdienen.
Demnach steht einem minderjährigen Kind so lange Unterhalt zu, bis es sich in einer Ausbildung befindet und selbst eine angemessene Vergütung erhält, die in der Höhe ausreichend für die Bestreitung des Lebensunterhaltes ist.
Bei volljährigen Kindern muss individuell entschieden werden. Hier gilt, dass Kinder, die sich noch in einer Ausbildung befinden, unterhaltsberechtigt sind. Auch Kinder, die an eine Behinderung leiden und demnach sich nicht selbst unterhalten können, sind unterhaltsberechtigt.
Eltern müssen ihren Kindern so lange Unterhalt zahlen, bis sie die erste Ausbildung abgeschlossen haben. Sollte sich das Kind jedoch nicht um einen Ausbildungsplatz bemühen, so entfällt die Unterhaltspflicht für Eltern.
Bis wann muss ich Unterhalt zahlen?
Prinzipiell muss bei volljährigen Kindern der Einzelfall betrachtet werden. Eine pauschale Antwort gibt es nicht. Es sind grundsätzlich folgende Faktoren für die Unterhaltspflicht wichtig:
- Die Lebenssituation des Kindes
- Die Entwicklung des Kindes
- Das Alter
- Fähigkeiten und Neigungen
Kinder können von ihren Eltern nicht dazu gezwungen werden, ein Studium anzufangen oder eine Ausbildung zu absolvieren. Das Kind muss selbst entscheiden, welcher Bildungsweg für ihn der Beste ist.
Kann ich einen Sonderbedarf beim Kindesunterhalt geltend machen?
Prinzipiell besteht die Möglichkeit, einen Sonderbedarf vom unterhaltspflichtigen Elternteil zu verlangen. Dies ist in § 1613 Abs. 2 Nr.1 BGB definiert, worin es heißt:
(2) Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen
- wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
Dies bedeutet, dass der Unterhaltspflichtige bei einem unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarf diesen zuzüglich zum Kindesunterhalt im Rahmen seines wirtschaftlichen Ermessens leisten muss, wobei der Sonderbedarf nicht als freiwillige Zahlung zu betrachten ist. Vielmehr handelt es sich um eine verpflichtende Leistung, die in den meisten Fällen auf Entscheidungen der Rechtsprechung basiert. Anspruchsvoraussetzungen für einen Sonderbedarf sind einerseits die außergewöhnliche Höhe des Sonderbedarfs und andererseits dessen Unregelmäßigkeit. Ein Sonderbedarf wird demnach nur dann als Sonderbedarf betrachtet, wenn die Höhe des Bedarfs und der Zeitpunkt, an dem der Sonderbedarf eingetreten ist, nicht voraussehbar war. Zudem muss bei einem Sonderbedarf dieser nicht über den normalen Kindesunterhalt abdeckbar und die Höhe nicht vorab einschätzbar gewesen sein. Somit kann eine Klassenfahrt des Kindes einen Sonderbedarf darstellen.
Grundsätzlich ist eine Frist für die Geltendmachung des Sonderbedarfs einzuhalten. Dieser muss spätestens ein Jahr nach Entstehung beim unterhaltspflichtigen Elternteil gemäß § 1613 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden. Allenfalls entsteht eine Verwirkung des Anspruchs. Ob der Unterhaltspflichtige leistungsfähig ist, hängt davon ab, wann der Sonderbedarf entstanden ist. Nicht relevant ist dagegen der Zeitpunkt, an dem der Sonderbedarf zum Unterhalt des Kindes geltend gemacht wurde.
Wie wird der Sonderbedarf unter den Elternteilen aufgeteilt?
Grundsätzlich werden beide Elternteile anteilsmäßig am Sonderbedarf beteiligt. Dies bedeutet, dass sie sich nicht automatisch jeder zu 50 Prozent an den Kosten beteiligen müssen. Vielmehr wird der Sonderbedarf anhand des Einkommens berechnet.
Um den Sonderbedarf an Unterhalt für das Kind bei jedem Elternteil zu ermitteln, muss vom Einkommen der Selbstbehalt in Höhe von 900 Euro abgezogen werden. Danach erfolgt eine prozentuale Ermittlung des Einkommens, was dann verhältnismäßig zu den Kosten des Sonderbedarfs gesetzt wird.
Nachfolgend haben wir für Sie zwei Beispiele berechnet.
Beispielberechnung 1
Anteil am Gesamteinkommen | 700 / 1.000 = 70 % | 300 / 1.000 = 30 % |
Sollte der Sonderbedarf nun zum Beispiel 500 Euro betragen, so ergibt sich folgende Aufteilung:
Vater | 70 % von 500 Euro = | 350 Euro |
Mutter | 30 % von 500 Euro = | 150 Euro |
150 Euro |
Beispielberechnung 2
Anteil am Gesamteinkommen | 400 / 1.300 = 31 % | 900 / 1.300 = 69 % |
Sollte der Sonderbedarf nun zum Beispiel 700 Euro betragen, so ergibt sich folgende Aufteilung:
Vater | 31 % von 700 Euro = | 217 Euro |
Mutter | 69 % von 700 Euro = | 483 Euro |
700 Euro |
Was gilt als Sonderbedarf?
Die nachfolgende Tabelle soll Ihnen eine Übersicht geben, was Sie als Sonderbedarf zum Kindesunterhalt anrechnen lassen können. Jedoch ist zu beachten, dass Gerichtsentscheidungen individuell gefällt werden und es sich Abweichungen ergeben können.
Grundsätzlich kann für eine Baby Erstausstattung ein Sonderbedarf von 1.000 Euro angesetzt werden. Sollte dieser Bedarf höher ausfallen, so muss dieser durch entsprechende finanzielle Verhältnisse begründet werden.
(OLG Koblenz vom 12.05.2009 – Az. 11 UF 24/09)
Übersicht: Sonderbedarf Tabelle
Anzumerken ist, dass die Gerichte bei Kosten für eine Internatsunterbringung, einer Klassenfahrt, einer Kommunion und Konfirmation sowie eines Schüleraustauschs darüber entscheiden, ob der Kindesunterhalt nach den Stufen 1 bis 5 oder ab der Stufe 6 der Düsseldorfer Tabelle geleistet wird. Sollte nach den Stufen 1 bis 5 gezahlt werden, so fällt der Unterhalt deutlich geringer aus. Daher können die oben genannten Kosten eher als Sonderbedarf angesehen werden.