Wie das Oberlandesgericht Hamm in seinem Urteil vom 29. März 2016 (2 UF 223/15) entschied, muss der Vormund eines Pflegekindes den Religionswunsch der Kindeseltern nachkommen, auch wenn diesen die elterlichen Sorge entzogen wurde. Dies gilt auch dann, wenn das Kind unter vormundschaftlicher Verantwortung des Jugendamtes in einer Pflegefamilie mit einer anderen Religion aufwächst. Der Vormund darf auch in dieser Konstellation die Religion des Kindes nicht ändern.

Grund für das Urteil war eine aus Nordafrika stammende Mutter mit muslimischen Glauben, die 1986 in Duisburg geboren wurde. Sie gebar im Jahr 2007 eine Tochter. Der Vater des Kindes ist im Jahr 1968 in Duisburg geboren und evangelisch erzogen worden.

Kindesmutter möchte Kind nach muslimischen Glauben erziehen

Direkt nach der Geburt wurde das Kind vom Jugendamt in dessen Obhut genommen. Es kam in eine Bereitschaftspflegefamilie. Einen Tag später entzog das Familiengericht der Mutter unter anderem das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht der Gesundheitsfürsorge. Die Kindsmutter brachte in mehreren Schreiben an das Familiengericht zum Ausdruck, dass ihr Kind nach dem muslimischen Glauben erzogen werden soll.

Pflegeeltern wollen Kind katholisch erziehen  

Im Jahre 2008 entzog das Familiengericht der Kindesmutter vollständig die elterliche Sorge. Diese wurde dann dem Jugendamt als Vormund übertragen. Seit dem Jahr 2009 wurde das Kind in eine Dauerpflegefamilie untergebracht, welche ihre Kinder nach dem christlichen Glauben erzieht. Alle Kinder wurden römisch-katholisch getauft. Auch das Pflegekind sollte römisch-katholisch getauft werden, um nach dem katholischen Religionsunterricht auch die Erstkommunion empfangen zu können. Laut Pflegefamilie sei dies auch der Wunsch des Kindes.

Kindesmutter legt Klage gegen die christliche Erziehung ihrer Tochter ein

Das Amtsgericht Dorsten genehmigte dem Vormund die Erziehung des Kindes nach dem christlichen Glauben in der Pflegefamilie. Damit war die Kindesmutter nicht einverstanden und legte Klage ein.

Vormund muss Religionswunsch der Mutter berücksichtigen

Die Klage war erfolgreich. Das Oberlandesgericht Hamm lehnte die Entscheidung des Familiengerichts ab, das Kind in einer römisch-katholischen Familie und deren Religionszugehörigkeit zu erziehen. Der Vormund darf die Religion des Kindes nicht bestimmen. Gemäß dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung darf die Religionszugehörigkeit nicht geändert werden, wenn die Kindeseltern eine andere Religionszugehörigkeit für ihr Kind bestimmt haben. Die Kindesmutter hatte zuvor mit mehreren Schreiben an das Familiengericht zum Ausdruck gebracht, dass ihr Kind nach dem muslimischen Glauben erzogen werden soll. An diese Bestimmung müsse sich der Vormund auch halten.

Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 29.03.2016 - 2 UF 223/15 -