Wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern in seinem Urteil vom 15.9.2020 (AZ: 5 Sa 188/19) entschied, müssen Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst vergütet werden. Dabei können die Arbeitsvertragsparteien ein geringeres Entgelt als für eine Vollarbeit vereinbaren.

Rettungssanitäter klagte auf höheres Entgelt für Bereitschaftszeiten

Vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern klagte im Jahr 2018 ein in Vollzeit beschäftigter Notfallsanitäter, der über mehrere Jahre hinweg ebenso Bereitschaftsdienste übernahm. Bereitschaftsdienste umfassen ebenso eine Vollarbeit, jedoch werden bestimmte Tätigkeiten wie Krankentransporte nur in Vollzeit erbracht. Zudem überwiegt während eines Bereitschaftsdienstes die Zeit ohne Arbeitsleistung. Der klagende Rettungssanitäter war der Auffassung, dass auch Bereitschaftszeiten wie Vollzeit vergütet werden müssten. Er hatte für Bereitschaftszeiten eine niedrigere Vergütung erhalten als für seine Vollzeitarbeit. Daher sei nach seiner Auffassung die arbeitsvertragliche Vergütungsregelung unwirksam.

Klage von Arbeitsgericht abgewiesen

Die Klage wurde vom Arbeitsgericht abgewiesen. Der Kläger legte Berufung ein. Das Landesgericht entschied zugunsten des Arbeitgebers. Im Sinne des § 611 Abs. 1 BGB bzw. § 611a BGB ist nach der Auffassung des LAG Mecklenburg-Vorpommern die Arbeitsbereitschaft wie auch der Bereitschaftsdienst eine vergütungspflichtige Arbeitsleistung, auch dann, wenn durch den Bereitschaftsdienst bedingt die im Arbeitsgesetz verankerten Höchstarbeitszeit pro Woche zusammen mit der regulären Arbeitszeit überschritten wird. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber den Bereitschaftsdienst nicht hätte anordnen dürfen und der Arbeitnehmer diesen dennoch ausübt. Dadurch bleibt der Bereitschaftsdienst in seinem Status bestehen und wird nicht zur Vollarbeit mit entsprechendem Anspruch auf Vergütung.

Arbeitszeitgesetz regelt nicht die Höhe der Vergütung

Gemäß § 134 BGB waren einige der angeordneten Bereitschaftsdienste nichtig, da sie gegen öffentlich-rechtliche Arbeitsschutzvorschriften verstießen. Allerdings führe dies nicht zu einer Umwandlung eines geringeren Bereitschaftsdienstgeldes zu einer Vollvergütung, nur weil über die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften hinaus gearbeitet wurde. Dieser Anreiz soll nicht geschaffen werden. Das Landesarbeitsgericht ist vielmehr der Auffassung, dass die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzvorschriften die Gesundheit des Arbeitnehmers wahren sollen. Die Regelungen stellen unter anderem die Arbeitszeiten, die Ruhepausen und die Ruhezeit sicher und dienen dem Gesundheitsschutz des Arbeitnehmers. Dieser soll vor einer Überbeanspruchung geschützt werden. Jedoch führt ein Verstoß gegen § 3 ArbZG nicht zu einem Anspruchsausschluss der Vergütung.

Höhe der Vergütung ist nicht sittenwidrig gering

Die Höhe der monatlichen Vergütung des Rettungssanitäters war im vorliegenden Fall nicht sittenwidrig gering, wie das Landesarbeitsgericht urteilte. Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten sich auf ein festes Monatsgehalt geeinigt und nicht auf unterschiedliche Vergütungssätze für Vollarbeit und Bereitschaftsdienst. In diesem vereinbarten Monatsgehalt ist die verschiedene Intensität der Arbeitsleistung bereits abgegolten, wie ein Gehaltsvergleich mit einer regulären 40-Stunden-Woche zeigte. Daher sei das Gehalt des Rettungssanitäters nicht sittenwidrig gering. Dieser hat seine Vergütung nach Ansicht des LAG vollständig erhalten.


Lesen Sie auch:

» Bereitschaftsdienstentgelte im TVöD

» Entgelttabelle für Rettungssanitäter im öffentlichen Dienst