Das elterliche Sorgerecht, das in § 1626 BGB verankert ist, ist nahezu jedem von uns bekannt. Doch es gibt noch ein anderes elterliche Sorgerecht: das sogenannte kleine Sorgerecht, das in § 9 Abs. 1 LPartG versteckt ist. Um was handelt es sich dabei? Genau das wollen wir nun aufklären.
Was steht in § 9 Abs. 1 LPartG?
Im Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG), in § 9 Regelungen in Bezug auf Kinder eines Lebenspartners ist folgender Satz verankert:
(1) Führt der allein sorgeberechtigte Elternteil eine Lebenspartnerschaft, hat sein Lebenspartner im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes. § 1629 Abs. 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Was sagt dieser Satz über das Kindessorgerecht aus?
Vor etwa 100 Jahren wäre es noch nahezu undenkbar gewesen, dass außereheliche Kinder entstehen. Sicherlich gab es sie auch, aber nicht in dem Umfang wie es heute der Fall ist. Heute muss keine Ehe vor der Geburt eines Kindes geschlossen werden. So entstehen auch Kinder, die nicht mit Mutter und Vater, die ein eheliches Bündnis geschlossen haben, in einem Haushalt leben. Sie leben entweder bei nur einem Elternteil oder, so traurig wie es ist, auch in einem Kinderheim. Es gibt aber auch Kinder, wo das Elternteil, bei dem sie leben, eine neue Partnerschaft eingegangen ist. Oftmals bringen die neuen Partner selbst Kinder mit in die Partnerschaft. Eine Patchwork-Familie entsteht.
Nun drängt sich die Frage auf, was tun mit dem Sorgerecht? Im Prinzip ist der neue Partner nicht der leibliche Vater oder die leibliche Mutter. Hat er überhaupt die Befugnis, über das "fremde" Kind zu bestimmen?
Und genau hier kommt der § 9 Abs. 1 LPartG ins Spiel. Er besagt nämlich, dass in solchen Patchwork-Familien oder auch eingetragenen Lebenspartnerschaften der Lebenspartner des sorgeberechtigten Elternteils mitbestimmen kann, wenn es um alltägliche Dinge geht, die das Kind betreffen.
Kurz gesagt: Der Lebenspartner darf mitentscheiden, wenn es um das in die Partnerschaft mitgebrachte Kind geht.
Wann besteht kein kleines Sorgerecht bei einer Partnerschaft?
Beim kleinen Sorgerecht gibt es - wie sooft - auch Ausnahmen. Zum Beispiel dann, wenn die Lebenspartner nicht nur vorübergehend getrennt leben (siehe § 9 Abs. 4 LPartG). Dann findet der Absatz 1 keine Anwendung. Auch nicht, wenn das Familiengericht die Befugnisse nach Absatz 1 eingeschränkt oder komplett ausgeschlossen hat. Dies kann dann der Fall sein, wenn das Kindeswohl gefährdet sein würde.
Auch hier gibt es auch wieder Ausnahmen. Nämlich dann, wenn nach § 9 Abs. 2 LPartG Gefahr in Verzug ist. Dann ist der Lebenspartner dazu berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen. Allerdings nur diese, die für das Wohl des Kindes notwendig sind. Dies kann bei einem Unfall der Fall sein, bei dem das Kind notoperiert werden muss. Dem sorgeberechtigte Elternteil ist dabei unverzüglich Bescheid zu geben.
Lebenspartner können Kinder des Partners adoptieren
Seit dem 1. Januar 2005 dürfen nach § 9 Abs. 7 LPartG Lebenspartner die leiblichen Kinder ihres Partners adoptieren. Eine Adoption muss vorab beim Vormundschaftsgericht beantragt werden, wobei der Antrag von einem Notar beurkundet werden muss. Allerdings ist eine Adoption nur dann zulässig, wenn das Kindeswohl nicht gefährdet ist. Es muss erkennbar sein, dass es dem Wohl des Kindes dient und dass zwischen dem Kind und dem annehmenden Lebenspartner ein Eltern-Kind-Verhältnis entstehen wird (siehe dazu auch § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Sollte eine Adoption angestrebt werden, so müssen alle Beteiligten einschließlich dem Kind und dem anderen Elternteil zustimmen. Sollte das Kind noch nicht das 14. Lebensjahr vollendet haben, so muss sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung erteilen. Alle erklärten Zustimmungen sind notariell zu beurkunden.