Der öffentliche Dienst steht mit seinen Berufsgruppen seit jeher im Rampenlicht. Bereits die alten Ägypter beschäftigten Beamte, im alten Rom wurde dieser Trend fortgesetzt und selbst in Griechenland gab es staatliche Hierarchien. Beamte waren stets gut angesehen, oft vom einfachen Volk kritisiert, aber dennoch geachtet. Hinzu gesellten sich Berufe wie Krankenschwester, Pfleger und Erzieher, die bis heute eine guten Ruf nach sich ziehen. Lehrer galten seit jeher als streng, Verwaltungsbeamte als faul. Bestimmte Klischees blieben einfach bis heute bestehen, auch wenn sich die Zeiten und auch die Menschen, die sich hinter den Berufsgruppen verbergen, sicherlich verändert haben. Der öffentliche Dienst fasziniert also nicht nur heute, sondern gab den einen oder anderen Dichter auch den Anlass, einzelnen Berufen ein Gedicht zu widmen. Einige schöne Exemplare haben wir ausgesucht und möchten Ihnen diese nicht vorenthalten. 


Mehr zum öffentlichen Dienst


Der Beamte

Er reibt sich die Hände: »Wir kriegen's jetzt!
Auch der frechste Bursche spüret
Schon bis hinab in die Fingerspitz',
Daß von oben er wird regieret.
Bei jeder Geburt ist künftig sofort
Der Antrag zu formulieren,
Daß die hohe Behörde dem lieben Kind
Gestatte zu existieren!«

Theodor Storm aus Gedichte


Die Krankenschwester

Seit du meine Träume niederhältst
erlosch in mir ein Frauenbild,
klaglos, ohne Abschied, weggehaucht
vor dir Kommenden.

Du nahst mir als ein lichter Geist
in schwersten Stunden,
hüllst mich ein wie das Kind in weiche Decken.
Ich höre dich - durch tiefsten Menschenschlaf -
in ferne Türen gehen, kühlst mit Eis
Stirne und Herz dem Fiebernden.

Denn viele Brüder sind. Uns allen
willst du gütige Schwester sein, die Ewig-Schenkende

Oft weilst du stumm im letzten Fensterbogen,
sinnst und sinnst. Reichen sie auch an dich hinan,
die menschlichen Träume?
Wird dir plötzlich fremd dieses Haus?
Fällt eine Stimme jäh in deine Einsamkeit?

Aber du kehrst zurück, demutreines Leuchten im Auge.
Tiefer ins Haar dir duckt sich schlummernd
die weiße Taube.
Wärme quillt um dich her aus den Tagen
deiner längstvergessenen Schwester Maria.


Karl Stamm (1890 - 1919)


Dankgedicht an die Lehrer

Uns würdigte einst eurer Weisheit Wille,
Der Kirche Dienst auch uns zu weihn,
Wer, Brüder, säumt, daß er die Schuld des Danks erfülle,
Die wir uns solcher Gnade freun?

Froh eilt der Wanderer, durch dunkle Wälder,
Durch Wüsten, die von Hitze glühn,
Erblickt er nur von fern des Lands beglückte Felder,
Wo Ruh und Friede blühn.

So können wir die frohe Bahn durcheilen,
Weil schon das hohe Ziel uns lacht
Und der Bestimmung Sporn, ein Feind von trägen Weilen,
Uns froh und emsig macht.

Ja, dieses Glück, das, große Mäcenaten,
Ihr schenkt, soll nie ein träger Sinn
Bei uns verdunkeln, nein! verehren Fleiß und Taten,
Und Tugend immerhin.

Euch aber kröne Ruhm und hohe Ehre,
Die dem Verdienste stets gebührt,
Und jeder künftge Tag erhöhe und vermehre
Den Glanz, der euch schon ziert.

Und was ist wohl für euch die schönste Krone?
Der Kirche und des Staates Wohl,
Stets eurer Sorgen Ziel. Wohlan, der Himmel lohne
Euch stets mit ihrem Wohl.

Friedrich Hölderlin (aus der Sammlung Gedichte 1784-1800)


Der Lehrer

Meist war er klein und kroch am Boden hin
Wie eine Küchenschabe braun und eklig.
Er stak in abgeschabten Loden drin
Und stank nach Fusel und nach Schweiß unsäglich.

Doch manchmal wuchs er riesig in das Licht,
Wuchs übern Kirchturm, schattete die Erde.
Am Himmel brannte groß sein Angesicht,
Damit die Schöpfung seines Glanzes werde.

Er schlug das Aug’ auf wie das Testament (mich graust,
Wenn ich dran denk’), pfiff wie im Rohr die Dommeln,
Ließ donnern, blitzte, hob die Sonnenfaust
Und ließ sie furchtbar auf uns niedertrommeln.

Klabund (1890-1928)


An meinen Lehrer

Ich war nicht einer deiner guten Jungen.
An meinem Jugendtrotz ist mancher Rat
Und manches wohlgedachte Wort zersprungen.
Nun sieht der Mann, was einst der Knabe tat.

Doch hast du, alter Meister, nicht vergebens
An meinem Bau geformt und dich gemüht.
Du hast die besten Werte meines Lebens
Mit heißen Worten mir ins Herz geglüht.

Verzeih, wenn ich das Alte nicht bereue.
Ich will mich heut wie einst vor dir nicht bücken.
Doch möcht ich dir für deine Lehrertreue
nur einmal dankbar, stumm die Hände drücken.

Joachim Ringelnatz (1883-1934)


Die Schule

Kinder! Habt nur Lust zum Lernen;
Seht, es fehlt euch nicht an Lehrern:
Feuer, Wasser, Luft und Erde,
Alles kann euch unterrichten.

Lernet denn und werdet klüger:
Löwen lehren tapfer streiten;
Adler, kühn und mutig fliegen;
Biber lehren sicher bauen,
Bienen suchen Süßigkeiten,
Spinnen lehren fein zu spinnen;
Aber ja vor allen Dingen
Lernt von mir und meinem Mädchen
Küsse geben, Küsse nehmen!
Seht nur her: Wir halten Schule!

Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803)


Der menschliche Arzt

Den Doktor Leiche anzuklagen: —
Sein Geiz sei Schuld daran,
Daß sich der reiche Mann
Nicht halte Roß' und Wagen, —
Ist Ungerechtigkeit;
Er thut's aus Menschlichkeit;
Denn es gebiethen ihre Pflichten
Ihm: wen'ger Schaden anzurichten.

Ignaz Vinzent Franz Castelli (1781-1862)


Der Frosch, ein Doktor

Aus einem Teiche voller Rohr
Kroch einst ein dicker Frosch hervor;
Die Zeit ward ihm im Wasser lang,
Er nahm zur Lust d’rum einen Gang
Hin nach dem nächsten grünen Wald,
Dem angenehmen Aufenthalt
Von manchem groß’ und kleinen Thier.
Da stieg er voller Ruhmbegier
Auf einen runden Eichenklotz,
Sah um sich her mit edlem Trotz;
Und als sich auf den Blumenmatten
Viel Thier’ um ihn versammelt hatten,
Blies er die Backen auf und sprach:
Fühlt etwan wer ein Ungemach
An Leber, Lunge, Milz und Herzen;
Hat einer Pein, und große Schmerzen
Von Podagra, von Stein und Gicht;
Hat einer keine Oeffnung nicht;
Ist er von hektischer Natur;
Liegt er am Fieber, an der Ruhr,
An Cachexie, Epilepsie,
An Agrypnie, Hydropisie;
Hat er den Appetit verloren,
Fühlt Sausen, Brausen in den Ohren –
Der trete dreist zu mir heran,
Und nehme von mir Tropfen an!
Honnette Herr’n nach Standsgebühr,
Sie sehn den größten Doktor hier!
Ich bin die halbe Welt durchreist,
Und meinen großen Namen preist
Paris und London, Wien und Rom,
Der Rhein, der Main, der Donaustrom,
Denn Alles hab’ ich ausstudirt,
Und Tausende hab’ ich kurirt!

Die Thiere glaubten ihm zum Theil,
Und kamen schon in großer Eil’
Von allen Ecken hergelaufen,
Um Arzenei von ihm zu kaufen;
Da rief der Fuchs: Ihr armen Thoren!
Sagt, habt ihr den Verstand verloren?
Seht euren Doktor doch recht an,
Er ist ja selber übel d’ran!
Die Augen stehn ihm aus dem Kopf,
Die Brust kocht wie ein alter Topf,
Der Mund ist blaß, der Fuß geschwollen;
Der dicke Bauch hervorgequollen;
Kann Er hievon sich nicht befrei’n,
Wie will er And’rer Doktor seyn?

Justus Friedrich Wilhelm Zachariae (aus der Sammlung Fabeln; 1726-1777)